„Die Oberlausitz hat sich kulinarisch geöffnet und dadurch eine ganz neue Vielfalt“

Von der Oberlausitz in die weite Welt und zurück: Enrico Schulz, gelernter Koch und Geschäftsführer des traditionsreichen Hotel & Restaurant Erbgericht Tautewalde, hat eine beeindruckende kulinarische Reise hinter sich. Mit Stationen in der Schweiz, auf Norderney und bei internationalen Catering-Events für Mercedes-Benz bringt er eine Fülle an Erfahrungen in seine Küche. Im Interview erzählt er, wie er die deftige Oberlausitzer Küche mit mediterranen Einflüssen verbindet und was ihn an seiner Heimat besonders inspiriert.
Herr Schulz, wie sind Sie im Erbgericht Tautewalde gelandet?
Ich bin in Löbau, hier in der Oberlausitz, aufgewachsen. Nach der Wende zog es mich zunächst in die Ferne – ich absolvierte meine Kochlehre in Baden-Württemberg, wo ich auch meine Frau kennenlernte. Danach folgten 16 Jahre, die wir auf Wanderschaft verbrachten: von Nord- und Süddeutschland über die Schweiz bis zu Stationen wie Norderney und im Catering für Mercedes-Benz. 2006 hat uns der Zufall zurück in die Oberlausitz geführt. Wir übernahmen zunächst das Erbgericht als Pächter und konnten es 2014 erwerben.
Was hat Sie letztlich dazu bewogen, zurückzukehren?
Es war vor allem die Familienplanung und der Wunsch nach Heimatverbundenheit. Wir waren damals in der Schweiz. Die soziale Absicherung in Deutschland und die Nähe zur Familie spielten eine Rolle. Hinzu kam das touristische Potenzial der Region, das uns begeistert hat – eine perfekte Grundlage für unsere Leidenschaft.
Wann haben Sie Ihre Leidenschaft fürs Kochen entdeckt?
Das Kochen begleitet mich seit meiner Kindheit. Meine Oma war Köchin in meiner Kita, meine Mutter und meine Tante waren ebenfalls talentierte Köchinnen. Doch Koch zu werden, war anfangs eine Notlösung. Nach der Wende zerplatzte mein Traum, Landmaschinenmechaniker zu werden, und meine Tante schlug vor, ich solle Koch werden. Das hat sich als die beste Entscheidung herausgestellt. Während meiner Wanderjahre habe ich viele kulinarische Facetten entdeckt: Von Fischküche auf Norderney bis hin zu mediterranen Einflüssen in der Schweiz – jede Station hat meinen Stil geprägt.
Wie schmeckt für Sie die Oberlausitz?
Früher war die Oberlausitz für mich Hausmannskost – Pellkartoffeln mit Quark und Leinöl, Knoblauchsuppe, selbst geerntetes Gemüse und Pilze aus dem Wald. Heute ist die Oberlausitz viel mehr. Sie hat sich geöffnet, und durch regionale Erzeuger und kulinarische Einflüsse von außen hat die Küche eine ganz neue Vielfalt. Für mich liegt der Reiz darin, Traditionelles wie Roulade oder Sülze mit modernen, leichten Einflüssen zu verbinden.
Welche Rolle spielen regionale Produkte in Ihrer Küche?
Eine sehr große! Unser Honig kommt vom Imker aus dem Dorf, und ein Nachbar baut Gemüse speziell für uns an. Wir beziehen Spargel aus dem Spreewald und Käse aus dem Vogtland – für mich zählt Heimat, und das schließt auch benachbarte Regionen mit ein. Wichtig ist, dass die Qualität stimmt und dass wir mit ehrlichen, frischen Zutaten arbeiten.
Haben Sie ein typisches Gericht, das Ihre Gäste besonders lieben?
Definitiv unsere Oberlausitzer Roulade, gefüllt mit Sauerkraut – ein Rezept aus einem alten Kochbuch, das ich nie von der Karte nehmen könnte. Auch die Knoblauchsuppe mit Gerste und Speck sowie unsere Ochsenbacken sind bei den Gästen sehr beliebt. Diese Klassiker bleiben, während wir die restliche Speisekarte saisonal anpassen.
Wie entstehen neue Gerichte für Ihre Speisekarte?
Das ist ein gemeinsamer Prozess im Team. Wir brainstormen, was die nächste Saison bringen könnte, und jeder bringt seine Ideen ein. Es gibt Klassiker, die wir aktualisieren, aber auch immer wieder neue Gerichte, die wir ausprobieren. Wichtig ist, dass die Köche hinter ihren Kreationen stehen – nur so kann man die Gerichte auch mit Überzeugung servieren.
Was ist Ihre Vision für die kulinarische Zukunft der Oberlausitz?
Ich wünsche mir, dass die Oberlausitz ihre Wurzeln nicht vergisst und gleichzeitig modern bleibt. Hausmannskost, ehrliche Küche und regionale Produkte sollten eine zentrale Rolle spielen. Es muss nicht immer alles verfügbar sein – Qualität steht für mich im Vordergrund, nicht Quantität. Wenn Gäste bei uns spüren, dass unsere Mitarbeiter gerne hier arbeiten und dass die Gerichte mit Leidenschaft zubereitet sind, dann haben wir vieles richtig gemacht.
Wenn Sie mal nicht selbst kochen, wo gehen Sie gerne essen?
Ich schätze meine Kollegen in der Region sehr. Wenn wir unterwegs sind, besuchen wir gerne Tina Weßollek, Küchenchefin des Restaurants L’Auberge „Gutshof“ in Bischofswerda, oder André Meier auf der Beckenbergbaude. Allerdings sind solche Gelegenheiten selten. Wenn wir frei haben, genießen wir die Zeit mit unseren Kindern, wir machen ein Feuer im Garten und rösten Würstchen. Da braucht es keine ausgefeilten kulinarischen Kreationen. Unseren Urlaub verbringen wir gern in Italien. Wir alle lieben das Essen dort, genießen dann in vollen Zügen die mediterrane Küche und kommen mit neuen Inspirationen nach Hause in die Oberlausitz.
Gebackener Spanferkelrücken an Speckkraut
Zutaten
Spanferkelrücken ca. 1 kg mit Knochen und Schwarte
Salz und Pfeffer
Rosmarin, Thymian, Knoblauch
Honig, Schwarzbier
400 g Weißkohl
100 g gewürfelter Tiroler Speck
1 Schalotte
Salz, Pfeffer, Zucker, Kümmel
Butter, Weißwein, Gemüsefond
Zubereitung
Die Schwarte am Spanferkelrücken mit einem Messer einritzen, danach den Rücken rundherum würzen. In der Zwischenzeit den Honig, das Bier, den Knoblauch, etwas Rosmarin und Thymian zu einem Sirup einkochen. Nun den Rücken auf ein Blech legen und mit dem Bier-Honiggemisch bestreichen, die Kräuter hinzu und für ca. 1,5 Stunden bei 160°C im Backofen garen. Der Rücken sollte eine Kerntemperatur von ca. 65°C haben.
Den Weißkohl in „Flecken“ schneiden und die Schalotten in Würfel. Zuerst den fein geschnittenen Speck in einem Topf anbraten, danach Weißkohl und die Schalotten hinzu, ebenfalls anschwitzen. Den Kohl würzen, mit etwas Weißwein und Gemüsefond ablöschen und kochen bis er bissfest ist.
Vinschgauer Käseknödel
Zutaten
6 helle Brötchen
200 ml Milch
4 Eier
1 Schalotte
200 g Bergkäse
3 TL gehackte Petersilie
Salz, Pfeffer
Zubereitung
Die Brötchen in Würfel schneiden und mit der warmen Milch übergießen, danach für ca. 30 Minuten ziehen lassen. Die Schalotte schälen und in kleine Würfel schneiden. Danach die Schalottenwürfel mit der gehackten Petersilie in etwas Butter anschwitzen.
Dieses und die Eier zu dem Brot geben und gut verkneten.
Den Käse in Würfel schneiden. Die Brotmasse in 100 g schwere Kugel portionieren. In jeden Kloß den Bergkäse in die Mitte geben, zu Klößen formen und in leicht siedendem Wasser garen.